Weltweit erstes „Module Type Package“ in der Industrie implementiert

In einem von Evonik initiierten Pilotprojekt haben Engie, Siemens und Yokogawa erstmalig Module-Type-Package-Standards in einer kommerziellen Industrieanlage angewendet.

Das Projekt, das im Sommer 2018 im Rahmen eines Investitionsprojekts gestartet ist, wurde in einer World-Scale-Anlage von Evonik in Singapur durchgeführt. An diesem Standort betreibt Evonik eine seiner sechs weltweiten Produktionsstätten für DL-Methionin: eine synthetisch hergestellte Aminosäure, die als Supplement in Geflügelfutter Verwendung findet. Die erfolgreiche Inbetriebnahme der Package Units nach der Systemintegration erfolgte im Mai 2019.

Das Modul Type Package (MTP) wurde erstmals entwickelt, um Kommunikations- und Konnektivitätsprobleme in hochadaptiven modularen Anlagen zu lösen. MTP bietet eine standard- und herstellerunabhängige Beschreibung von Prozessmodulen bzw. Package Units zur effizienten Integration in Automatisierungssysteme. Dieses Konzept gilt als Voraussetzung für die modulare Produktion.1

Für die erste praktische Anwendung von MTP-Standards in einer industriellen Umgebung arbeiteten die Unternehmen Evonik, ENGIE, Siemens und Yokogawa gemeinsam an der Integration einer Kälteaggregateinheit in eine konventionelle Produktionsanlage mittels MTP-Standard (Abbildung). Der Umfang der MTP-Integration umfasste Human Machine Interface (HMI) und OPC UA-Kommunikationsaspekte.

Folgende Automatisierungssysteme wurden im Projekt eingesetzt:

  • Automatisierungssystem der Chiller Package Unit - Siemens S7-1500; TIA Portal V15.1; MTP Modeller Tool (Prototyp) nach VDI2658; Ethernet-Verbindung und OPC UA Kommunikationsprotokoll
  • DCS der Produktionsstätte - Yokogawa Centum VP; ADSuite; MTP-Import-Tool (Prototyp) nach VDI2658; Unified Gateway Station mit Ethernet-Anschluss und OPC UA-Kommunikationsprotokoll

Im Mittelpunkt des agil abgewickelten Projekts standen die technischen Voraussetzungen für die nahtlose Integration der Package Unit sowie die Herausforderungen während der Implementierungsphase. Der Eins-zu-Eins-Import der MTP HMI-Beschreibung wurde zu 80 Prozent durchgeführt, mit 20 Prozent manuellen Anpassungen. Die SPS von Siemens wurde über das OPC UA-Kommunikationsprotokoll mit einem DCS von Yokogawa verbunden. Der Kühlprozess wurde zunächst auf der SPS simuliert und konnte auf der MTP-Bedienungsgrafik am Prozessleitsystem überwacht werden. Anschließend wurden die Inbetriebnahme am Produktionsstandort von Evonik erfolgreich durchgeführt und die praktischen Vorteile des MTP-Standards nachgewiesen.

Die chemische Industrie steht heute vor den Herausforderungen, flexibler und mit einem schnelleren Time-to-Market zu produzieren. Daher ist es notwendig, die Anforderungen an Automatisierungssysteme wie Interoperabilität und Standardisierung zu erhöhen. Die modulare Automatisierung bietet eine geeignete Lösung für diese Herausforderungen. Die Integration über die MTP reduziert den manuellen Aufwand und spart so Zeit und Kosten.

1 Die MTP-Anforderungen sind in der VDI/VDE/NAMUR-Richtlinie 2658 „Automatisierungstechnik von modularen Anlagen in der Prozessindustrie“ beschrieben, die sich derzeit in Entwicklung befindet.